Unscheinbare aber wichtige Wasserbewohnerin – die Aufgeblasene Flussmuschel

von Sandra Julius

Der Greifensee ist mit seinen Schutzzonen Heimat vieler seltener Lebewesen. Nicht alle bekommen wir Menschen oft zu Gesicht. Und über die Existenz so einiger Arten wissen nur die wenigsten Bewohnerinnen und Besucher der Region Bescheid. Eine davon ist die stark gefährdete Aufgeblasene Flussmuschel. Verborgen unter der Wasseroberfläche, eingegraben im Gewässergrund leistet sie einen wichtigen Beitrag für das Ökosystem Greifensee.

Die Aufgeblasene Flussmuschel (Unio tumidus) kommt in der Schweiz ursprünglich hauptsächlich in den Westschweizer Gewässern vor. Im Greifensee wurde sie 1936 das erste Mal nachgewiesen. Wahrscheinlich kam sie mit dem Besatz von Fischen in den See. Es scheint ihr am Greifensee mit den, dank der Schutzverordnung, unverbauten und naturbelassenen Ufern gut zu gefallen – der Greifensee gehört mittlerweile neben dem Neuenburgersee zu den Gewässern mit den grössten, verbleibenden Populationen.
Im Allgemeinen geht es den Grossmuscheln der Schweiz aber eher bedenklich. Fünf der sechs einheimischen Arten stehen auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten, so auch die als «stark gefährdet» geführte Aufgeblasene Flussmuschel. Sie reagiert sensibel auf Wasserverschmutzung durch Überdüngung, Pestizide, Abwasser und Chemikalien. Aber auch die Begradigung von Fliessgewässern und Seeabflüssen sowie Uferverbauungen bedrohen ihren Lebensraum.

Dazu kommt, dass die Grossmuscheln einen komplizierten Fortpflanzungszyklus haben, bei dem sie nicht nur auf gegengeschlechtliche Partner sondern auch auf einen reichen Fischbestand angewiesen sind: nach der Befruchtung der Eizellen werden die nach wenigen Tagen geschlüpften, winzigen Larven von den weiblichen Muscheln ins Wasser abgegeben. Diese sogenannten Glochiden versuchen sich schnellstmöglich an die Kiemen oder den Körper eines auf Futtersuche vorbeischwimmenden Fisches zu klammern, wo sie sich gut geschützt zu Jungmuscheln entwickeln können. Nach ungefähr einen Monat lassen sich die kleinen Muscheln abfallen. Durch den Bewegungsradius der Fische werden auch die Muscheln verbreitet.

Auf dem Gewässergrund graben sich die Aufgeblasenen Flussmuscheln mithilfe ihres Fusses, den sie zwischen den Schalen herausstrecken können, ein. Nur noch die Ein- und Ausströmungsöffnung an der Rückseite ragen heraus, damit die Muscheln atmen und sich ernähren können. Dafür saugen sie Wasser an und filtern die sich darin befindenden Schwebestoffe wie zersetzte Blätter, Bakterien und Plankton zusammen mit dem lebenswichtigen Sauerstoff heraus. Dabei nehmen sie auch nicht verwertbare Schwebstoffe auf und scheiden diese als kleine Klümpchen wieder aus. Pro Stunde werden von einer Grossmuschel rund zwei Liter Wasser filtriert. Sie tragen dadurch massgeblich zur Reinhaltung der Gewässer bei und nehmen eine Schlüsselrolle im Ökosystem ein.
Nach ungefähr zwei Jahren werden die Aufgeblasenen Flussmuscheln geschlechtsreif. Sie werden rund 7 bis 10 Zentimeter lang und können bis zu 30 Jahre alt werden. Anhand der Ringe auf der Schalenaussenseite kann das Alter der Muschel ungefähr bestimmt werden.

Neben der Zerstörung ihres Lebensraumes werden die Grossmuscheln teilweise auch durch invasive, eingeschleppte Muscheln befallen oder verdrängt. Um dem entgegen zu wirken, ist es wichtig Boote, andere Schwimmkörper oder Angelausrüstung bei einem Gewässer-Wechsel gründlich zu reinigen. Mehr dazu in der Kampagne «Vorsicht blinde Passagiere» des Kantons Zürich.

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