Herbst am Greifensee – wichtige Vorbereitungszeit auf den Winter

von Sandra Julius

Hellgelb, golden, strahlend rot oder bereits erdig braun, die Bäume, die das Greifensee-Ufer säumen, erstrahlen momentan in den vielfältigsten Farben. Auch die Schilfgürtel und die Riedwiesen verfärben sich immer mehr. Im sanften Herbstlicht und aufgewühlt von den Herbstwinden leuchtet der See dazu tiefblau während grössere oder kleinere Vogelschwärme über die farbenfrohe Landschaft hinweg ziehen. Die Veränderungen der Natur im Herbst sind spektakulär und vielfältig. Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie der Vorbereitung auf den Winter dienen. Denn aller Idylle zum Trotz, es geht um Leben oder Tod.

Den Bäumen steht während den kalten Wintermonaten weniger Wasser zur Verfügung. Um zu überleben, müssen sie Kompromisse eingehen: Sobald die Tage im Herbst kürzer und kälter werden, beginnen sie damit, den Blättern zuerst Chlorophyll und andere Nährstoffe zu entziehen und in den Ästen und Wurzeln zu speichern. Anschliessend kappen sie die Wasserzufuhr. Durch das fehlende Chlorophyll kommen die gelben, roten und orangefarbenen Pigmente zum Vorschein, die zuvor vom Grün überdeckt wurden. Die Blätter verfärben sich immer mehr bis sie schliesslich vertrocknen und abfallen. Auch viele Gräser der Riedwiesen und das Schilf trocknen im Herbst langsam aus, verfärben sich und sterben schliesslich ab. Jedoch nur der oberirdische Teil der Pflanze, die Wurzeln im Erdreich überwintern und bilden im Frühling neue Triebe. Der abgestorbene oberirdische Teil der Pflanze schützt die Wurzeln durch sein Laub zusätzlich vor dem Frost. Es gibt aber auch Gräser, wie zum Beispiel die in Riedwiesen häufig vorkommenden Seggen, die das ganze Jahr über grün bleiben.

Auch die Tiere haben diverse Strategien entwickelt, um sich auf die Kälte und die Nahrungsknappheit im Winter vorzubereiten. So machen sich viele Zugvögel ab dem Spätsommer bis in den November hinein auf den Weg in den Süden (vgl. Blog Zugvögel). Um der Kälte zu entfliehen, nehmen sie teilweise riesige Strecken auf sich. Störche zum Beispiel legen während dem Zug oft mehr als 10'000 Kilometer zurück. Bei solchen Strecken braucht es hin und wieder eine Pause zur Nahrungsaufnahme und Erholung. Der Greifensee als Wasser- und Zugvogelreservat ist dabei ein wichtiger Rastplatz für viele Vögel. Für unsere Wintergäste aus dem Norden ist er gar Endpunkt ihrer Reise in den Süden. Vogelarten, die nicht in den Süden ziehen, sogenannte Standvögel, plustern sich während der Nacht auf, wenn es kälter wird. Dadurch entsteht um ihren Körper eine isolierende Luftschicht. Zudem suchen sie vermehrt Nischen, Hohlräume oder Nistkästen und Spechthöhlen auf. Einige Vogelarten bilden im Winter auch Schlafgemeinschaften und sparen durch das Zusammenkuscheln Energie.

Die Säugetiere rund um den Greifensee fressen sich im Herbst ein Fettpolster an und  sammeln und horten je nach Überwinterungsstrategie Vorräte. Wer, wie zum Beispiel der Igel, einen Winterschlaf macht, sucht sich im Herbst ein geeignetes Winterquartier. Ein solcher Unterschlupf wird auch von Arten benötigt, die eine Winterruhe halten. Eichhörnchen und viele andere Nager haben sich diese Strategie angeeignet. Sie schlafen nicht ganz durch sondern wachen immer wieder auf, um eine Kleinigkeit zu fressen. Wer keine dieser beiden Taktiken nutzt, sondern den Winter durch aktiv bleibt, tauscht in der Regel das Sommerfell in das dichtere und wärmere Winterfell aus. Einige Arten, wie zum Beispiel das Hermelin, wechseln dabei sogar die Farbe: im Sommer ist ihr Fell braun mit einem weissen Bauch, im Winter ist es weiss, damit die Tiere im Schnee besser getarnt sind.

Die Fische hingegen suchen im Herbst möglichst geschützte Verstecke auf oder graben sich teilweise sogar in den Schlamm ein, denn sie verfallen bei einer abnehmenden Körpertemperatur in eine Kältestarre. Auch andere wechselwarme Tiere, wie Mulche oder Frösche, viele Insekten, Echsen oder Wirbellose Tiere wie Schnecken suchen sich einen geschützten Ort oder vergraben sich in der Erde und erstarren bei kälteren Temperaturen.

Damit sie alle sich gut auf die Herausforderungen des Winters vorbereiten und möglichst viel Nahrung und Energie zu sich nehmen und speichern können, ist es wichtig die Tiere möglichst wenig zu stören. Denn auch ihre Überlebenschancen hängen massgeblich davon ab, wie gut sie sich im Herbst auf den Winter vorbereiten können. In einem nächsten Blog werden wir Ihnen vorstellen, was wir Menschen – zum Beispiel in unseren Gärten – aktiv tun können, um die Tiere beim Überwintern zu unterstützen.

Wer mehr über die faszinierenden Überwinterungsstrategien der Tiere und Pflanzen rund um den Greifensee erfahren möchte, kann den Workshop «Dickes Fell oder langer Schlaf» sowie die Führung «Saisonal und kunterbunt» der Naturstation Silberweide buchen – auch beziehungsweise gerade im Herbst und in den Wintermonaten.

 

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